Gral, Heiliger

Die Legende vom Heiligen Gral tauchte im späten 12. Jh. auf und erschien in vielgestaltiger Form in der mittelalterlichen Artus-Sage. Die ersten Erzählungen stammen von Chrétien de Troyes (vor 1150 bis um 1190), Le Conte du Graal, und von Robert de Boron (12./13. Jh.), L’estoire Dou Graal. Während der G. bei Letzterem der Abendmahlskelch ist, bezeichnet er bei de Boron eine goldene wundertätige Schüssel, ausgestattet mit keltischen Sagenmotiven.
Das Wort Gral stammt wahrscheinlich von altfranzösisch graal, Gefäß, Schüssel, flache Schale; griech. vemutlich krater, Mischgefäß, lat. cratalis, Waschbecken, Gefäß. Nach allen Überlieferungen handelt es sich dabei um ein wundertätiges Gefäß in Form einer Schale, eines Kelches (calix) oder eines Steines (lapis).

Im hochmittelalterlichen Gralsmythos vermischen sich dann Anliegen des Christentums und des Feudaladels sowie Versatzstücke der christlichen Liturgie (im Motiv des Kelchs) und des Reliquienkultes (Heilige Lanze) mit archetypischen Bildern und mündlichen Überlieferungen keltischer und orientalischer Herkunft.
Dabei verband sich der G. sehr früh mit der christlichen Tradition der Eucharistie: Er wurde als der Kelch verstanden, den Jesus Christus beim letzten Abendmahl mit seinen Jüngern benutzt und in dem Josef von Arimathäa das Blut Christi unter dessen Kreuz aufgefangen haben soll.
In der mystischen Spekulation des Mittelalters wurde der G. zum Bild der Wahrheit und des eigentlichen Seins.

Verschiedene esoterische Vereinigungen der Gegenwart haben den G. ohne historischen Zusammenhang aufgegriffen.

Lit.: Birch-Hirschfeld, Adolf Die Sage vom Gral – Ihre Entwicklung und dichterische Ausbildung in Frankreich und Deutschland im 12. und 13. Jahrhundert, eine literarhistorische Untersuchung. Wiesbaden, 1969; Mertens, Volker: Der Gral: Mythos und Legende. Stuttgart: Reclam, 2003; Barber, Richard: Der heilige Gral: Geschichte und Mythos. Mannheim: Albatros, 2010; Dillenburger, Ingeborg: Die Gralssagen – ihre Wurzeln und ihre Wandlungen. Hamburg: Verlag Dr. Kovac, 2010.
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