Gothic Novel

Schauerliteratur (engl. gothic fiction), literarisches Genre der Phantastik, das Mitte des 18. Jahrhunderts in England entstand und seine Blüte Anfang des 19. Jahrhunderts erlebte.
Durch den Schauerroman wurde in der englischen Literatur Ende des 18. Jahrhunderts das von der Rationalität der Aufklärung verdrängte Übernatürliche und Unkonventionelle wieder aufgenommen. Dabei wurde der Schrecken zur bewusst geschaffenen ästhetischen Ware, die sich gut verkaufen ließ. Die Erstellung erfolgte vor allem nach literarischen Vorlagen wie dem jakobäischen Drama oder der mittelalterlichen Romanze.
Mit Das Schloss von Otranto schrieb Horace Walpole 1764 die erste G. N. und begründete damit ein neues Genre, das sich ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts besonderer Beliebtheit erfreute. Namengebend für diese neue Gattung war dabei der Untertitel von Walpoles Schauerroman A Gothic Story. Mit Ann Radcliffes The Mysteries of Udolpho (1794) und Matthew Gregory Lewis’ berüchtigtem Roman The Monk mit seiner Orgie sadistischer und sexueller Fantasien entstand dann endgültig eine neuartige Gattung, die in trivialisierter und vergröberter Form zur dominanten Literaturform am Anfang des 19. Jahrhunderts wurde. Richard Hurd beschrieb diese neue literarische Richtung in seinen Letters on Chivalry and Romance als „gothic romance“, in der er etwas fand, das „der Sichtweise eines Genies und dem Zweck der Poesie in besonderem Maße angemessen“ sei.
Die theoretische Pionierarbeit für diesen Paradigmenwechsel hatte vor allem Edmund Burke mit seiner Schrift A Philosophical Enquiry into the Origin of our Ideas of the Sublime and Beautiful (1747) geleistet. Für die Schauerliteratur ist das Dunkle und Erhabene nicht zuletzt in dem Sinne entscheidend, dass neben der Seite der Vernunft auch die irrationalen, düsteren und zerstörerischen Züge des Ichs einbezogen werden, so dass sich eine bislang unbekannte Seelenlandschaft in der Spannung von Mensch, Natur und Kultur ergibt.
In Deutschland wurden von der der englischen G. N. indirekt Goethe (Unterhaltung deutscher Ausgewanderter), Schiller (Geisterseher) und vor allem E.T.H. Hoffmann beeinflusst. Mitte des 20. Jh. erfuhr die G. N. in Deutschland eine Leserrenaissance.

Lit.: Garte, Hansjörg: Kunstform Schauerroman: eine morphologische Begriffsbestimmung des Sensationsromans im 18. Jahrhundert von Walpoles „Castle of Otranto“ bis Jean Pauls „Titan“: Berlin: Humboldt-Univ., Diss., 1951.
Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.