Goldener Schnitt

(Lat. sectio aurea, proportio divina). So wird das Teilungsverhältnis einer Größe bezeichnet, bei der das Verhältnis des Ganzen zu seinem größeren Teil (Major) dem Verhältnis des größeren zum kleineren Teil (Minor) gleich ist.
Das mittels Division dieser Größen als Zahl berechnete Teilungsverhältnis des GS ist eine irrationale Zahl, eine Zahl also, die sich nicht als Bruch ganzer Zahlen darstellen lässt. Als mathematisches Symbol dieser Zahl wird meist der griechische Buchstabe Phi verwendet.
Die spektakulärsten Beispiele für Verhältnisse des GS liefert die Natur bei der Anordnung von Blättern, in Blütenständen mancher Pflanzen und in Quasikristallen der Festkörperphysik.

Frühe Hinweise auf eine Verwendung des GS stammen aus der Architektur.
Die erste erhalten gebliebene genaue Beschreibung des GS findet sich im zweiten Buch der Elemente des Euklid (um 300 v. Chr.). Allerdings gilt es historisch als sicher, dass der GS schon vor Euklid bekannt war.
In seinem Rechenbuch Liber abbaci (nicht erhaltene Erstfassung 1202) kommt der italienische Mathematiker Leonardo da Pisa, bekannt als „Fibonacci“, im Zusammenhang mit der sog. Kaninchen-Aufgabe kurz auch auf die später nach ihm benannte Fibonacci-Folge zu sprechen. In dieser
ist zu errechnen, wie viele Kaninchenpaare bei einer Fortpflanzungsrate von einem Paar Jungkaninchen pro Elternpaar und Monat nach Ablauf eines Jahres insgesamt vorhanden sind, wenn ein erstes Paar bereits im ersten Monat und dessen Nachwuch jeweils ab seinem zweiten Lebensmonat Junge wirft. Fibonacci weist darauf hin, dass sich jedes Glied der Reihe (ab dem dritten) durch Summierung der beiden vorhergehenden Reihenglieder errechnen lässt.
Ein Zusammenhang mit dem GS ist noch nicht gegeben, zumal die erste Verwendung der Bezeichnung Goldener Schnitt erst 1835 von Martin Ohm (1792-1872), dem Bruder des Physikers Georg Simon Ohm, in einem Lehrbuch der Mathematik verwendet wurde. In dieser Zeit entstand auch die Bezeichnung sectio aurea.

Lit.: Pacioli, Luca/Winterberg, Constantin (Hrsg. und Übers.): De divina proportione. Venedig 1509; Schoot, Albert van der: Die Geschichte des goldenen Schnitts. Aufstieg und Fall der göttlichen Proportion. Frommann-Holzboog, Stuttgart 2005; Hans Walser: Der Goldene Schnitt. Teubner, Stuttgart 1993.
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