Giovanni Pico (Conte) della Mirandola

(* 24.02.1463 Mirandola/heutige Emilia-Romagna; † 17.11.1494 Florenz), Philosoph der Renaissance, heute vor allem bekannt durch seine Rede „Über die Würde des Menschen“, in der er die Frage nach dessen Wesen und Stellung in der Welt stellt und die Willensfreiheit als charakteristisches Merkmal des Menschen hervorhebt. Durch seine außergewöhnliche Bildung und Beredsamkeit hinterließ Pico bei seinen Zeitgenossen großen Eindruck.
1486 begann er mit dem Studium der Kabbala und beauftragte den jüdischen Konvertiten Raimundo Moncada (Flavius Mithridates), kabbalistische Literatur in das Lateinische zu übersetzen. Pico war der erste christliche Gelehrte, der sich, ohne selbst jüdischer Abstammung zu sein, intensiv mit der Kabbala befasste. Gleichzeitig bereitete er eine Reise nach Rom vor, wo er vor interessierten Gelehrten aus aller Welt 900 von ihm verfasste philosophische und theologische Thesen öffentlich verteidigen wollte.
Als er sich aber in einer Rechtfertigungsschrift, der Apologia, verteidigte, ohne die Äußerung des Papstes abzuwarten, nahm man ihm dies in der Kurie sehr übel. In einer Bulle vom 4. August 1487 verurteilte der Papst die Thesen ingesamt und ordnete die Verbrennung sämtlicher Exemplare an, zögerte die Veröffentlichung der Bulle jedoch hinaus. Als er dann erfuhr, dass Pico die Apologia hatte drucken lassen, sah er in deren Verbreitung eine offene Rebellion, die er Pico nie verzieh. In dieser bedrohlichen Lage reiste Pico im November aus Rom ab, was von seinen Kritikern als Flucht interpretiert wurde, da er nun unter Häresieverdacht stand. Der Papst verlangte seine Festnahme und so wurde Pico auf dem Weg nach Paris in der Nähe von Lyon verhaftet, gewann jedoch die Gunst König Karls VIII., der ihn freiließ und schützte. So konnte Pico 1488 nach Florenz zurückkehren, wo er sich, ebenso wie in Fiesole und Corbole in der Nähe von Ferrara, nunmehr vermehrt philosophischen und religiösen Studien widmete. In der letzten Phase seines Lebens bekannte er sich zu den Ansichten des radikalen Predigers Girolamo Savonarola. Am 18. Juni 1493 machte Papst Alexander VI. alle von seinem Vorgänger Innozenz VIII. gegen Pico verhängten Maßnahmen rückgängig.
Pico starb am 17. November 1494 nach dreitägigem Leiden, am gleichen Tag, an dem die Truppen von Karl VIII. die Stadt einnahmen. Savonarola hielt die Grabrede; in seinem Dominikanerkloster San Marco fand die Beisetzung statt.
Pico gilt neben Ficino als einer der Hauptvertreter der Renaissance-Magie, die ausgehend von den Schriften antiker Hermetiker und Neuplatoniker eine Magia naturalis, eine natürliche Magie, propagierte, welche nicht nur mit dem christlichen Glauben vereinbar sein, sondern einen wesentlichen Beitrag dazu leisten sollte, die verschiedenen Quellen der Weisheit zu einem Strom zu vereinen.

Lit.: Garin, Eugenio: Giovanni Pico della Mirandola. Vita e dottrina. Florenz, 1938-1945 (Publicazioni della R. Università degli Studi di Firenze. Facoltà di Lettere e Filosofia. 3. Serie, Bd. 5).

Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.