Gericht (nach dem Tode)

Der Gerichtsgedanke beruht auf dem Glauben der Vergeltung. Dabei ist zwischen dem individuellen G. unmittelbar nach dem Tod und einem allgemeinen G. am Ende der Tage zu unterscheiden. Ersteres kennen schon Primitive, etwa in der Frage, ob der Tote die Jenseitsreise glücklich besteht oder nicht. Da ist zum Beispiel die Rede von der über den Totenfluss führenden Brücke, auf der nur die Guten hinüberkommen, während der Höllenhund oder ein Brückenwärter die Bösen so erschreckt, dass sie in die Tiefe stürzen, oder der Fährmann sie nicht hinüberlässt.
Zudem erwarten die Verstorbenen das Urteil eines göttlichen Richters, zuweilen auf Grund ihres eigenen Bekenntnisses oder nach Ausweis der Seelenwaage. Am bekanntesten ist dies aus der ägyptischen Religion, doch finden sich Parallelen in der babylonisch-assyrischen, in der griechischen und römischen Religion sowie im Taoismus und Brahmanismus, im nördlichen Buddhismus und besonders im Parsismus, der in Verbindung mit der Auferstehung in seiner klassischen Ausbildung von Spätjudentum (Daniel 7,9ff), Christentum und Islam geprägt ist. Richter ist bald die Person Gottes, bald der Messias.

Lit.: Ruhl, Ludwig: De mortuorum iudicio. Gissae: Ricker, 1903; Viseux, Dominique: Das Leben nach dem Tod in den großen Kulturen. München: Eugen Diederichs, 1994; Resch, Andreas: Fortleben nach dem Tode (Imago Mundi; 7). Innsbruck: Resch, 41987.
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