Bernhard von Clairvaux

(* Um 1090 Fontaines-lès-Dijon; † 20.08.1153 Clairvaux/F), heilig (Kanonisation 1174, Fest: 20. August), Zisterzienserabt, Kirchenlehrer (1830),
Theologe und Mystiker. Als dritter Sohn des Ritters Tescelin le Roux (der Rote) und dessen Frau Aleth von Montbard geboren, verbrachte er seine Kindheit zusammen mit fünf Brüdern und einer Schwester wohlbehütet in der begüterten burgundischen Adelsfamilie. Er besuchte die Schule im Stift St-Vorles in Châtillon-sur-Seine. Um 1111 sammelte er eine Schar von etwa 30 adeligen Gefährten um sich und trat mit diesen 1112 oder 1113 in das 1098 gegründete Reformkloster in Cîteaux südlich von Dijon ein, von dem sich der Name Zisterzienser ableitet. 1115 wurde er ausgesandt, um in der westlichen Champagne das Koster Clairvaux zu gründen, dessen Abt er bis zu seinem Lebensende war. Unter seiner Leitung ging von dieser Abtei, der er nahezu 170 Tochterklöster zuführte, eine Erneuerung sowohl des klösterlichen Lebens als auch der klösterlichen Baukunst aus. Mit seinen Briefen und Reisen wirkte er weit über sein Kloster hinaus. 1135 nahm er am Konzil von Pisa teil, intervenierte bei Bischofsernennungen und predigte in Aquitanien und Languedoc gegen die > Katharer.
Aufgrund seines diplomatischen Geschicks und seiner Redekunst arbeitete er im Auftrag von Papst Eugen III. am Zustandekommen des zweiten Kreuzzuges (1147-1149). Zu Weihnachten 1146 erreichte er in Speyer die Teilnahme des deutschen Königs Konrad III. sowie dessen welfischen Gegenspielers, Welf IV. Der Fehlschlag des Unterfangens traf ihn tief.

Diese Verbindung von äußerer Aktivität und religiöser Konzentration veranlassten ihn, sich selbst als „Chimäre meines Zeitalters“ zu bezeichnen.
Neben der Arbeit im Kloster und außerhalb desselben entfaltete B., zum Teil mit Hilfe von Sekretären, eine reiche schriftstellerische Tätigkeit. Sein erhaltenes Werk umfasst acht kürzere Arbeiten, über 200 Predigten und etwa 500 Briefe.
Paranormologisch bedeutsam ist B. vor allem durch seine außergewöhnliche Wertschätzung und sein Verständnis des spirituellen und mystischen Lebens. Seine Predigtreise für den Kreuzzug von Konstanz über Belgien bis nach Clairvaux glich der Fahrt eines Wunderheilers. Auch aus der Ferne wurden Kranke herbeigebracht, damit er sie berühre. Oft war das Gedränge so groß, dass man ihm die Kranken zum Fenster hinaufhob, die dann bisweilen, wenn sie nur den Saum seines Gewandes berührten, geheilt wurden. Es waren oft so viele, dass die Reisegefährten, die ein Tagebuch darüber führten, nicht nachkamen, die einzelnen Fälle zu notieren. Unter den Kranken befanden sich auch Lahme und Verkrüppelte. Bisweilen ging der Heilung kalter Schweiß voraus. B. schien stets zu wissen, wann eine Heilung geschah. Über das Geschehene war er dann selbst am meisten verwundert. Er sah darin eine Gnade Gottes für die Menschen.
Wenngleich B. in seinem persönlichen Leben wohl kaum ekstatisch-visionäre Erlebnisse hatte, war er doch ein tief mystischer Mensch. So entwickelte er in seinen Predigten über das Hohelied eine > Brautmystik. Der Gott, der ersehnt und geliebt wird, ist der Gott, der ersehnt und liebt. Christus ist der Bräutigam und der Heilige Geist ist sein Kuss. Deshalb ist der Grund zur Gottesliebe Gott selbst. Besondere Bedeutung in dieser Mystik nimmt der Begriff der > Erfahrung ein, wobei B. zwischen religiöser und nichtreligiöser Erfahrung unterscheidet. Im Unterschied zur nichtreligiösen Erfahrung vollzieht sich die religiöse und mystische Erfahrung im Innern des Menschen, im Gebet und in der Begegnung mit den Worten der Hl. Schrift, um zum Kommen des Wortes in die Seele und dessen Vereinigung mit ihr zu führen.
Neben dieser Brautmystik nährte sich B.s Frömmigkeit in hohem Maße von der Betrachtung des irdischen Jesus, seiner Passion von der Kindheit bis zum Tod, insbesondere von der Versenkung in den Gekreuzigten und seine Wunden, was man als Jesusmystik, Leidensmystik und Wundenmystik bezeichnen kann.
Die Auswirkung der Beschreibung seiner religiösen und mystischen Erfahrungen auf die Zisterziensermystik und darüber hinaus ist bis heute außerordentlich groß. Die Franziskanermystik und die Frauenmystik berufen sich seit dem 13. Jh. auf B. Seine Werke oder zumindest Auszüge davon sowie frei formulierte Gebete waren in ganz Europa verbreitet.

W.: Sämtliche Werke, 10 Bde., hrsg. v. Gerhard B. Winkler. Tyrolia: Innsbruck, 1990.
Lit.: Gilson, Etienne: Die Mystik des heiligen Bernhard von Clairvaux. Wittlich: Fischer, 1936; Bredero, Adriaan H.: Bernhard von Clairvaux: zwischen Kult und Historie; über seine Vita und ihre historische Auswertung, aus dem Niederländ. von Ad Pistorius. Stuttgart: Steiner, 1996; Dinzelbacher, Peter: Bernhard von Clairvaux. Leben und Werk des berühmten Zisterziensers. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1998; Leclercq, Jean: Bernhard von Clairvaux: ein Mönch prägt seine Zeit. München: Verl. Neue Stadt, 2005.
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