Griechen

Von lat. Graeci, Bezeichnung für die Griechisch sprechenden Völker der Antike, etymologische Herkunft nicht sicher geklärt; neugriech. Hellenen; indogermanisches Volk, dessen sprachliche Wurzeln sich bis in das zweite vorchristliche Jahrtausend zurückverfolgen lassen.
Das antike Griechenland hat die Entwicklung der europäischen Zivilisation maßgeblich mitgeprägt. Seine Geschichte umfasst etwa den Zeitraum von 1600 v. Chr. bis 27 v. Chr., als die Integration Griechenlands in das Römische Reich erfolgte.
Die mykenische Kultur (bis ca. 1050 v. Chr.) war die erste Hochkultur des europäischen Festlands. Auf ihr Ende folgten die sog. „dunklen Jahrhunderte“ (1050 bis ca. 800 v. Chr.), bevor das archaische Zeitalter begann (ca. 800-500 v. Chr.) In dieser Zeit etablierte sich die Polis als Staatsform und es kam zur Gründung vieler griechischer Kolonien im Mittelmeerraum und am Schwarzen Meer.
Die folgende klassische Periode (ca. 500-336 v. Chr.) war eine Zeit großer kultureller Entfaltung, die ein Fundament für das Abendland legte.

Die am weitesten verbreitete Schöpfungsgeschichte ist Hesiods Theogonie, in der erstmals der Versuch unternommen wird, eine Genealogie der Götter zu erstellen. An den Anfang der Welt wird das Chaos gestellt, aus dem als erste Göttergeneration die Erde Gaia, die Unterwelt Tartaros, die Liebe Eros, die Finsternis Erebos und die Nacht Nyx hervorgehen. Der Verbindung von Nyx und Erebos entspringen der Tag Hemera und die Luft Ither. Der größte Teil der Götterwelt wird auf Gaia zurückgeführt, die aus sich selbst das Meer Pontos, die Berge Ourea sowie den Himmel Uranos und insbesondere mit Uranos eine Vielzahl weiterer Nachkommen hervorbringt.
Neben der Herkunft der Götter wird von der Abfolge der Herrschaft über die Welt erzählt. Ihr erster Herrscher ist Uranos, der von seinem Sohn, dem Titanen Chronos, entmannt und entmachtet wird, worauf die Titanen die Herrschaft über die Welt antreten. Sie wiederum werden vom Sohn des Chronos, Zeus, gestürzt; von nun an dominieren die Olympischen Götter. Zur Sicherung seiner Herrschaft verschlingt Zeus seine schwangere Gattin Metis.
Ein anderer Entstehungsmythos der Griechen, der eine gewisse Verbreitung gefunden hat, ist die Schöpfungsgeschichte der Orphiker. Diese griechische Götter- und Heldenwelt ist mit einer Reihe von magischen Wundertaten verbunden, wie der Transformation in verschiedenen Formen, die Verwandlung der Ruder eines Schiffes in Schlangen und der Liebhaber der Circe in Schweine. Die Schlangen des Hermes rufen bei Berührung Leben oder Tod, Schlaf oder Wachen hervor. Achilles wird durch das Wasser des Styx unverwundbar gemacht. Hinzu kommen noch eine Reihe von magischen Praktiken, die ein besonderes Anschauungs- und Betätigungsfeld darstellen, wie Orakel, Hexerei und Zauberei, orphische Magie, Wahrsagen, Vampirismus, Parapsychologie und Spiritismus.
Orakel
Besonders beliebt ist bei den Griechen das Orakel, gehört doch die Frage nach der Zukunft zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Daher sind Wahrsagen und Prophetie die großen Themen. Als berühmteste Orakel gelten jene von Delphi, Dodona, Epidaurus umd Trophonius. Eines der frühesten ist jedoch jenes von Aesculapius, Sohn des Apollo, genannt der Heiler und der Traum-Sender, weil seine Heilungen über den Traum beim Schlaf im Tempelhof von Epidaurus vermittelt werden.
Berühmtheit erlangt das Orakel von Delphi am Abhang des Parnass, wo sich Könige, Prinzen, Helden und Sklaven aus dem ganzen Land einfinden, um Fragen über ihre Zukunft zu stellen. Der Tempel steht auf einer Vulkanschicht. Dort sitzt, auf einem Dreyfuß über einer Schlucht, die Priesterin Pythia, benannt nach der hellseherischen Python-Schlange, die von Apollon getötet wurde. Von den aufsteigenden Dämpfen berauscht, kommen Worte aus ihrem Mund, die den Fragenstellenden von Priestern gedeutet werden.
Das älteste Orakel Griechenlands befindet sich in
Dodona und äußert sich mehr durch Zeichen als durch Worte, z.B. durch das Rauschen der Blätter einer dem Zeus heiligen Eiche.
Ein weiteres Orakel ist jenes von
Trophonios, dessen Besucher manchmal Tage und Nächte in mit Dämpfen gefüllten Höhlen schlafen und nach dem Erwachen, von einer eigentümlichen Melancholie umgeben, über beängstigende Visionen erzählen.
Zauberei
Mit dem Einfall der Perser wird die Region Thessalien berühmt für ihre Zauberinnen und deren Praktiken. So erzählt Homer von Circe (Kirke). In Verruf ob ihrer üblen Künste gelangt die spätere Erzzauberin Medea. Ähnliches wird der Mondgöttin Hekate nachgesagt.
Liebes- und Todeszauber werden zu gängigen magischen Praktiken. Auch versucht man sich gegen den Bösen Blick zu schützen. Ägyptische Einflüsse kommen vor allem durch
Orpheus und Pythagoras nach Griechenland. Ersterer wird als Wundertäter beschrieben und soll die Griechen auch in Medizin und Magie unterwiesen haben. Wundersame Kräfte werden ebenso Pythagoras nachgesagt, der von der breiten Masse des Volkes für einen Magier gehalten wird.
Mysterien
In bestimmten Intervallen werden
Mysterien abgehalten, die mit verschiedenen Gottheiten in Zusammenhang stehen. Die Samothrakischen Mysterien symbolisieren vermutlich die Erschaffung der Welt. Die Bacchischen Mysterien, in dessen Mittelpunkt Bacchus, der Gott des Weines und der Vegetation steht, sollen durch den Seher Melampus nach Griechenland gekommen sein. Die Eleusinischen Mysterien kreisen um die Getreidegöttin Demeter.
Weissagung und Prophezeiung
Den sog. Deutern kommt die Aufgabe zu, durch verschiedene Praktiken wie Vogelflug, Eingeweideschau usw. die Zukunft vorauszusagen.
Der Redner
Aristides erzählt von seinen Träumen während des Tempelschlafes. Sokrates spricht von einem ihn stets begleitenden Genius. Die Neuplatonisten zeigen sich als glühende Verteidiger der Magie. Aristoteles bezeichnet Weissagung als eine natürliche Eigenschaft der Imagination. Plutarch zeichnet in seinen Schriften ein Bild des somnambulen Zustandes der Priesterin Pythia.
Vampirismus
Eine der interessantesten Vorstellungen von Magie im alten Griechenland betrifft den Vampirismus, wobei der Vampir von den Griechen als Vroucolaca oder Broucolack bezeichnet wird. So geht der Benediktiner Augustin Calmet (1672-1757) in seinem 1746 erschienenen Buch Dissertations sur les apparitions des anges, des démons et des esprits u.a. auch auf Vampirismus ein. Laut dem Theologen Leone Allacci (ca. 1586-1669) würden die Bewohner der griechischen Insel Chios erst beim zweiten Anrufen ihres Namens reagieren, um sicherzugehen, dass sich hinter dem Anrufer nicht ein Broucolack verberge. Der britische Historiker Sir Paul Rycaut (1629-1700) bemerkt, dass in den Leichnam einer exkommunizierten Person ein böser Geist einfahren und verhindern würde, dass dieser verwese. Und dem Jesuiten Theophilus Raynard (17. Jh.) zufolge seien Erscheinungen Verstorbener eine unwiderlegbare Tatsache.
Psychische Forschung und Spiritualismus
In den 1920er und 1930er Jahren kommt es auch in Griechenland zu einem regen Interesse an psychischer und parapsychologischer Forschung, was die Entstehung einiger wichtiger Gesellschaften nach sich zieht. Zu den bedeutendsten Vertretern auf diesem Gebiet gehört der griechische Admiral Angelos Tanagras (1877-1971), der korrespondierendes Mitglied der Society for Psychical Research in London war.

Lit.: Encyclopedia of Occultism & Parapsychology, ed. by Leslie Shepard. Detroit, Michigan: Gale Research Company, Book Tower, 2. Aufl. 1984; Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae (LIMC), Bd. 1-9. Zürich/München: Artemis, 1981-1999; Graf, Fritz: Griechische Mythologie. Düsseldorf: Albatros, 2012; Abenstein, Reiner: Griechische Mythologie. Brill/Schönigh, 2016.

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