Greif

(Pers. „Homa“, griech. gryps, lat. gryphus, verwandt mit hebr. Cherub, seit dem 10. Jahrhundert im Althochdeutschen als grif(o) nachweisbar), ein aus Tierkörpern gebildetes, mythisches Mischwesen, meist dargestellt mit löwenartigem Leib, dem Kopf eines Raubvogels mit mächtigem Schnabel, spitzen Ohren, häufig mit Flügeln, aber auch in abweichenden Varianten (Schlangenkopf, Vogelfüße, Skorpionschwanz, mit knopf- oder kopfartigem Fortsatz auf dem Scheitel oder Rücken). Die ganze Geschichte hindurch gelten Stärke und Wachsamkeit als die markanten Eigenschaften des G., der in Sage und Märchen als Zaubertier auftritt. So sei er in der Lage, einen Wagen durch die Lüfte zu ziehen. Er hüte Goldschätze, und wer eine Feder aus seinem Schwanz besitzt, könne zaubern.
Der G. ist Hüter des heiligen Feuers und des Lebensbaumes. Sein Adlerkopf symbolisiert die Herrschaft über den Himmel und sein Löwenleib die Macht über die Erde. Eine besondere Eigenart sind seine spitz nach oben stehenden Ohren, die mit den spitzen hohen Säugetierohren des babylonischen Tiamat-Drachen zu vergleichen sind.
Der G. ist eines jener altorientalischen Mischwesen, die uns von den bildlichen Darstellungen aus Babylon, Ägypten und von der mykenischen Kultur her bekannt sind.
Auf G.e war der Thron Jahwes in Jerusalem gestützt.
In der Nachantike ist die Symbolik des G. vorwiegend christologisch bestimmt. So war seine Doppelnatur für Isidor von Sevilla (560-636) ein Sinnbild des über Himmel und Erde herrschenden Christus. Auch wenn bereits Albertus Magnus (um 120-1280) den G. in das Reich der Fabel verwies, hielt man ihn doch, ähnlich wie den Drachen, bis über das Ende des Mittelalters hinaus für ein real existierendes Lebewesen.

Lit.: Schöpf, Hans: Fabeltiere: Graz: Akadem. Druck- u. Verlagsanstalt, 1988.
Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.