Andreas Resch: Maria Venegas de la Torre

MARIA VENEGAS
DE LA TORRE
(1868-1959)

GRÜNDERIN DER KONGREGATION
DER TÖCHTER VOM
HEILIGEN HERZEN JESU

Heilig: 21. Mai 2000
Fest: 30. Juli

MARIA VON JESUS IM ALTARSAKRAMENT VENEGAS DE LA TORRE wurde am 8. September 1868 in „La Tampona“ (Zapotlanejo), einem Dörfchen im Staat Jalisco in Mexiko, als zwölftes Kind von Doroteo Venegas und Maria Nieves de la Torre geboren. Die Eltern waren einfache, aber ehrbare und wohlhabende Leute. Am 13. des Monats empfing die Kleine in der Pfarrkirche von Za­potlanejo die Taufe auf den Namen Maria Natividad und am 24. November 1872 wurde sie in der Kathedrale von Guadalajara gefirmt. Der Grund für die Firmung in Guadalajara war, dass der Vater sich aus Barmherzigkeit seinen Mitmenschen gegenüber verausgabt und dabei sein gesamtes Hab und Gut verloren hatte; so war er gezwungen, sein Haus zu verlassen und sich einen anderen Wohnort zu suchen. Nach einigen Monaten Aufenthalt in Guadalajara übersiedelte die Familie nach San Leonel, von dort nach Las Varas, dann nach Mectán, nach San Pedro Lagunillas und schließlich nach Compostela. An den genannten Orten beteiligte sich Maria am Leben in der Pfarre, sodass sie ein gewisses Maß an religiöser und kultureller Bildung erhielt, wenngleich sie nie eine eigentliche Schule mit täglichem Unterricht besuchte. Ihr erster Lehrmeister war ihr Vater, und während sie mit der Familie in San Pedro Lagunillas weilte, konnte sie ihr Wissen gemeinsam mit einer Freundin der Familie vertiefen. Mit neun Jahren empfing sie die Erstkommunion und begann von da an, die anderen im Katechismus zu unterweisen.

1884, als Maria 16 Jahre alt war, starb die Mutter, deren Tod bei den 12 Kindern ein tiefe Lücke hinterließ. Um der prekären Situation, in der sich die Familie befand, zu begegnen, übersiedelte der Vater mit den Kindern auf den Gutshof von Los Zorillos, in das Haus seines Bruders Donaciano Venegas. Maria leistete ihren Beitrag zum Unterhalt der Familie, indem sie den Kindern neben dem Katechismus auch noch Lesen und Schreiben beibrachte. Dabei fühlte sie sich zunehmend gedrängt, sich um die Bedürfnisse der Armen zu kümmern.

Das traurige Ereignis des Todes des Vaters 1887 führte dazu, dass die Kinder voneinander getrennt und auf die verschiedenen Verwandten aufgeteilt wurden. Maria und ihre Schwester Adelheid kamen zu einer Tante und deren Mann nach Zapotlanejo, wo die beiden Waisen mit viel Wohlwollen und Zuneigung aufgenommen wurden. Hier war es auch, dass Maria die beste Gelegenheit hatte, ihre latente religiöse Berufung zu entfalten. Sie konnte die ihr eigene Frömmigkeit frei leben und dabei auf die besonders wertvolle und geschätzte spirituelle Führung durch P. Antonino González zählen. Ihm vertraute sie ihren Wunsch an, Ordensfrau zu werden, und sie ersuchte ihn, sie auf diesen Schritt vorzubereiten. Allerdings musste Maria noch einige Jahre warten. Inzwischen trat sie, nach Bestehen der Eignungsprüfungen, am 8. Dezember 1898 in die Gemeinschaft der Töchter Mariens ein.

Mittlerweile wurde unter Leitung der Diözese Guadalajara das Herz Jesu-Spital fertiggestellt, das im Juni 1889 auf Initiative von Maria Guadalupe Villaseñor Pérez Verdia, einer tüchtigen und angesehenen Frau, in Angriff genommen worden war. Sie war 1885 Präsidentin der Konferenz vom Heiligsten Herzen Jesu in der Pfarre San José de Analco. Und es geschah zu der Zeit, dass Maria bei der Rückkehr von einem Spaziergang im Umkreis der Stadt auf einen völlig verlassenen Bettler traf, der, krank und bedürftig, zwischen Leben und Tod schwebte. Bei diesem schmerzlichen Anblick von Mitleid getroffen, kam ihr plötzlich der Gedanke, ein kleines Spital zur Linderung der Wunden jener zu gründen, die an Armut und Krankheit litten, und mit der schnellen Bereitschaft zu handeln, die der Fall erforderte, versuchte sie, die beängstigende Situation des Betroffenen zu lindern.

Da ihre Idee vom Pfarrer unterstützt wurde, wandte sie sich gemeinsam mit ihm an den damaligen diözesanen Leiter der Vinzenzkonferenzen, den Kanoniker P. Atenogenes Silva, einen großen Verehrer des Heiligsten Herzens Jesu und eifrigen Apostel der Nächstenliebe, der sich als ein entschlossener Mitarbeiter erwies. So wurde in einem gemieteten Haus unverzüglich ein Saal für zehn Patienten eingerichtet. Zur Pflege der Kranken wählte P. Silva unter seinen geistlichen Töchtern fünf fromme junge Frauen aus, die er zum Ordensleben berufen glaubte, und gründete am 2. Februar 1886 die Fromme Vereinigung der Töchter vom Heiligen Herzen Jesu für den Dienst an den Kranken und Notleidenden. Von den fünf erwies sich Sophie Aguirre – die spätere Schwester Maria Dolores vom Gekreuzigten Jesus – als besondere Stütze für die aufkeimende Kommunität.

Als Atenogenes Silva am 11. Oktober 1892 zum Bischof von Co­lima geweiht wurde, musste er die Fromme Vereinigung und das noch im Rohbau befindliche Krankenhaus zurücklassen. Die fünf Schwestern setzten ihre Arbeit zwar fort, kamen jedoch nur sehr langsam voran. Die kleine Gemeinschaft lebte nach den von Silva ausgearbeiteten Regeln. Ihr Lebensstil entsprach dem einer Konfraternität bzw. eines religiösen Instituts.

Als Maria vom Pfarrer von Zapotlanejo zu Exerzitien nach Guadalajara ein­geladen wurde, ermunterte sie der Exerzitienleiter am Ende des Kurses zum Bleiben und zum Eintritt in das Herz Jesu-Spital. Es war der 8. Dezember 1905. Mit ihrem Eintritt zählte die Gemeinschaft nunmehr sechs Mitglieder. Maria nahm den Namen Maria von Jesus im Altarsakrament an und wurde schon bald zur Seele und zur treibenden Kraft der Frommen Vereinigung. Schon bei ihrer Ankunft erkannten die fünf jungen Frauen ihre tiefe Innerlichkeit, ihren spirituellen Reichtum, mit dem sie begnadet war, ihre besondere Hingabe im Dienst an die Kranken. Und so wurde sie sieben Jahre nach ihrem Eintritt 1912 zur Vikarin ernannt – ein Amt, das sie bis 1921 ausübte, als sie die kanonische Ernennung zur Generaloberin erhielt, nachdem sie 1910 privat die Ordensgelübde abgelegt hatte.

1922 erstellte sie auf Empfehlung befreundeter Bischöfe die Konstitutionen des Instituts zur Approbation durch die Diözese. Doch die Jahre 1926 bis 1929, in denen Maria ihren ganzen Einsatz für die Umwandlung der Frommen Vereinigung in ein Ordensinstitut verwandte, trafen mit einer der dunkelsten Perioden in der Geschichte der Kirche Mexikos zusammen. Es waren die Regierungsjahre des berüchtigten Generals Calles, der – kaum an der Macht – sofort daranging, sämtliche antiklerikalen Artikel der Verfassung von 1917 mit bis dahin ungekannter Brutalität zu aktualisieren. Maria ließ sich jedoch nicht entmutigen: Sie vertraute auf die Barmherzigkeit Gottes und erwartete die vom Vater festgesetzte Stunde. Ja, ihr Mut war geradezu bemerkenswert, und so schreckte sie auch vor den größten Risiken nicht zurück, um zumindest die Profanierung des Allerheiligsten Altarsakraments zu verhindern.

Ihre mühsame Arbeit wurde am 24. Juli 1930 schließlich belohnt, als der Erzbischof von Guadalajara die von ihr vorbereiteten Konstitutionen approbierte und damit das Institut der Töchter vom Heiligen Herzen Jesu als religi­öse Kongregation diözesanen Rechts errichtete. Am 21. April 1974 folgte die päpstliche Approbation.
Am 8. Dezember 1930 wurde Maria zusammen mit den übrigen acht Mitschwestern, die seit mehr als sechs Jahren im Spital Dienst taten, zur ewigen Profess in die Hände des Erzbischofs von Guadalajara zugelassen, wobei sie ihren Namen gegen den von ihr gewählten eintauschte: „Ich werde mich bis zum Tod Schwester Maria von Jesus im Altarsakrament nennen.“

Nach Ablauf der ersten sechs Probejahre feierte man am 12. September 1936 das erste Generalkapitel: Schwester Maria wurde im Amt der Generaloberin offiziell betätigt, so auch in den nachfolgenden Jahren bis 1954. 33 Jahre lang leitete sie das Institut mit Umsicht und Geschick. Das beherrschende Thema während ihrer Regierungszeit war stets das Gute für die Töchter, sowohl materiell als auch spirituell. So übte sie sich trotz mangelnder Mittel unermüdlich darin, überall Gutes zu bewirken und ausgiebig zu verbreiten, und gründete so mindestens 16 Häuser. Aufgrund ihrer Liebenswürdigkeit und Hingabe genoss sie in diesem Zusammenhang auch die Anerkennung kirchlicher wie staatlicher Behörden.

Beim vierten Generalkapitel am 12. September 1954 war sie bereits 84 Jahre alt. Sie zog sich nunmehr aus jeder Verantwortung zurück und verbrachte die letzten Jahres ihres Leben in Sammlung und Gebet. Solange die Kräfte reichten, besuchte sie beharrlich die Kapelle oder blieb in ihrem Zimmer – stets bereit, ihren Mitschwestern einen Rat zu geben oder Mut zuzusprechen, wofür sie von diesen sehr geschätzt wurde.

Am 11. Februar 1956 erlitt Mutter Maria eine Hirnembolie, die sie zwar überlebte, doch verbrachte sie die restlichen Jahre im Rollstuhl und litt als Folge zunehmend an Durchblutungsstörungen, bis sich schließlich ab 26. Juli 1959 ihr nahendes Ende abzeichnete. Mit Gelassenheit und in tiefer Ergebung sowie glücklich darüber, nun zur Einheit mit dem von ihr über alles geliebten Vater zu gelangen, beendete Mutter Maria am 30. Juli 1959 im Alter von 91 Jahren in Mezquitán ihren irdischen Lebensweg. Am 31. Juli wurde sie auf dem dortigen Fried­hof beigesetzt. Am 30. Juli 1965 wurden die sterblichen Über­reste in das Generalatshaus nach Guadalajara übertragen, wo sie in der Kapelle des Hospitals Sagrado Corazón, Antonio Rosales 204, Guadalajara, Jalisco, Mexiko, ruhen.

Am 21. Mai 2000 wurde Maria von Jesus im Altarsakrament Venegas de la Torre von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen, der sie am 22. November 1992 seliggesprochen hatte.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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