Andreas Resch: Karl Leisner


KARL LEISNER
(1915-1945)

PRIESTER UND MÄRTYRER

Selig: 23. Juni 1996
Fest: 12. August

KARL LEISSNER wurde am 28. Februar 1915 in Rees am Rhein als Sohn der Eheleute Wilhelm Leisner, Gerichtsschreiber, und Amalie Falkenstein geboren und am 3. März auf den Namen Karl Friedrich Wilhelm Maria getauft. Die Eltern, eifrige Katholiken, ließen ihren fünf Kindern eine solide christliche Erziehung zuteil werden. Am 25. Dezember 1921 übersiedelte die Familie nach Kleve, wo Karl die Volksschule besuchte. Am Weißen Sonntag empfing er die Erstkommunion und kommunizierte von da an häufig und mit Andacht.

Vom Frühjahr 1925 bis 1934 besuchte Karl das humanistische Gymnasium-Lyzeum in Kleve, wo er stets Klassenprimus war. Wegen seiner Fröhlichkeit und Hilfsbereitschaft zog er die Aufmerksamkeit seiner Gefährten auf sich. Am 22. Juli 1927 erhielt er die Firmung. Im selben Jahr schloss er sich dem Jugendkreuzbund an, einer Gemeinschaft von jungen Leuten gegen Alkohol- und Nikotinmissbrauch. Mit seinem Organisationstalent gelang es ihm, die Jugendlichen zu begeistern und zu formen, indem er ihnen gesunde religiöse und moralische Grundsätze vermittelte.
Mit 16 Jahren nahm Leisner 1931 bei den Benediktinern von Gerleve erstmals an Exerzitien teil, die in ihm die Berufung zum Priestertum weckten. In diesem Zusammenhang war auch der Exerzitienkurs vom 5. bis 10. April 1933 in Schönstatt von Bedeutung. Während der geistlichen Übungen vom 7. bis 11. Dezember d. J. bei den Jesuiten in S. Helrenberg beschloss er endgültig, Priester zu werden.
Inzwischen begannen, nach der Machtübernahme Hitlers, die Feindseligkeiten und Aggressionen der Hitlerjugend gegen die katholischen Vereine. Leisner trug sich in den Bund der männlichen Katholischen Jugend ein und riskierte damit im letzten Jahr des Lyzeums den Ausschluss aus der Schule wegen seiner Opposition gegen die NS-Ideologie. Am 22. März 1934 legte er mit ausgezeichnetem Erfolg die Reifeprüfung ab und am darauffolgenden 14. Mai trat er zum Studium von Philosophie und Theologie in das Collegium Borromäum in Münster ein.

Während seines Studiums war Leisner weiterhin in der Jugendbewegung tätig, und so ernannte ihn der Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen, am 17. September 1934 zum Diözesanjungscharführer. Trotz der schwierigen politischen Situation war Leisner mit Eifer bei der Sache und durchstreifte die gesamte Diözese, um mit den Jugendlichen Kontakt aufzunehmen, sie zu organisieren und zu leiten. Seine Bewegungen wurden von der Gestapo mit Misstrauen und Feindseligkeit verfolgt. Er aber ließ sich nicht einschüchtern, setzte seine Aktivitäten mutig fort und erlegte sich am 28. März 1936 eine noch strengere und präzisere Tagesordnung auf, um ein äußerst schlagkräftiges und lebendiges Instrument in der Hand Gottes zu sein. Anlässlich einer Reise nach Rom wurde er am 29. Mai 1936 von Papst Pius XI. empfangen. Am 21. Oktober desselben Jahres begann die Düsseldorfer Gestapo seine Korrespondenz zu kontrollieren, machte verschiedene Hausdurchsuchungen und legte ein Geheimdossier über ihn an, in dem er als sehr aktiv in der katholischen Jugendbewegung beschrieben und als Leiter der katholischen Jungschar der Diözese Münster angeführt wurde.
Für das fünfte und sechste Semester (1936 – 1937) übersiedelte Leisner nach Freiburg. Von April bis September absolvierte er den Reichsarbeitsdienst, im Zuge dessen er als Torfstecher im feuchten Moor arbeitete. Dies führte zu einer starken gesundheitlichen Beeinträchtigung, was schwere Konsequenzen nach sich zog. Bei seinen Arbeitskollegen, die dem Katholizismus feindlich gegenüberstanden, blieb Leisner standhaft im Glauben. So schrieb er in sein Tagbuch: „O Herr, Jesus Christus, voll tiefer Liebe und Demut flehe ich zu Dir, stehe mir bei im Kampf um das Heilige in mir. Laß mich in hartem Dienst Dein bewährter Diener sein. Du adele meine Arbeit.“ Im Juni 1937 kehrte er nach Münster zurück, um sein Studium zu beenden und sich auf die heiligen Weihen vorzubereiten.

Am 27. Oktober 1937 löste die Gestapo die katholischen Verbände auf und am 29. Oktober wurden in Kleve Leisners Tagebücher beschlagnahmt. Diese Repressalien veranlassten ihn am 31. Dezember 1937 zu einer flammenden Rede vor dem Katholischen Männerbund, woraufhin ihn die Gestapo zu verhaften versuchte. Leisner setzte seine Studien fort und erhielt die niederen Weihen, das Subdiakonat und am 25. März 1938 das Diakonat.
Im Mai desselben Jahres wurde bei ihm als Folge der Zwangsarbeit Lungentuberkulose diagnostiziert. Die Behandlungen im Sanatorium von St. Blasien zeitigten gute Resultate, die auch zur Heilung geführt hätten, wenn Leisner nicht festgenommen und in das Konzentrationslager gebracht worden wäre. Als ihm zu Ohren kam, dass Hitler beim Attentat am 8. November unversehrt geblieben war, weil er kurz zuvor den Saal verlassen hatte, kommentierte er dies mit den Worten: „Schade, dass er nicht dabei gewesen ist!“ Am folgenden Tag, den 9. November 1939, wurde er verhört und in den Kerker von Freiburg gesteckt. Am 5. Februar 1940 überführte man ihn in das Gefängnis von Mannheim, wo er in der Abteilung für Tuberkulosepatienten den Schwerkranken beistand. Am 16. März wurde Leisner im KZ Sachsenhausen interniert und dem Strafblock für Priester zugewiesen. Die Unterkünfte bestanden aus einfachen Holzbaracken ohne Heizung, und nachts mussten die Fester zur Kontrolle offenbleiben. Das Gnadengesuch der Mutter wurde abgelehnt.

Am 9. März 1940 wurde per Reichsdekret verfügt, dass sämtliche Priester in das Konzentrationslager Dachau zu transferieren seien. Dies galt auch für Leisner, der am 14. Dezember 1940 im Priesterblock untergebracht wurde. Die Lebensbedingungen waren äußerst hart. 1942 starben dort 500 Priester. Wegen seiner Heiterkeit, seines Glaubens und seiner Hilfsbereitschaft zog Karl von Anfang an die Aufmerksamkeit der Gefängnisinsassen auf sich. Er bemühte sich um jeden von ihnen und verbreitete Trost und Hoffnung. Zur Erbauung der Schicksalskollegen ließ er sich von zu Hause die Gitarre kommen. Auf andere Gesuche reagierte die Gestapo negativ.
Leisners Krankheit verschlimmerte sich zunehmend und so wurde er am 15. März 1942 in die Krankenabteilung überführt, eine Baracke, wo sich dicht aneinandergedrängt 120 bis 150 Tuberkulosekranke und Sterbende befanden, die im letzten Stadium ihrer Krankheit dem Tod entgegendämmerten. Im Oktober 1942 erreichte ihn die Order zur Übersiedlung in die Invalidenabteilung, was die Gaskammer bedeutete; durch Intervention einiger inhaftierter Priester wurde der Befehl jedoch widerrufen.
In dieser Situation klammerte sich der junge Diakon an die Heilige Schrift und die Eucharistie, die er im Verborgenen an die Kranken austeilte. In der Liebe seiner himmlischen Mutter fühlte er sich sicher. Er meditierte die Worte des hl. Paulus: „… ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt.“ (Kol 1,24) Auf diese Weise hielt er durch und verbrachte in der Baracke drei lange Jahre, ausgenommen die kurzen Intervalle, die er mit Unterstützung der internierten Priester gelegentlich im Priesterabteil verbringen durfte.

Am 6. September 1944 kam Bischof Msgr. Gabriel Piquet aus Clermont-Ferrand in das Lager von Dachau, und am 23. des Monats schrieb Karl an den Bischof von Münster, dass er sich danach sehne, zum Priester geweiht zu werden. Am 29. Oktober erteilte Bischof von Galen die Vollmacht und am 17. Dezember 1944 weihte Bischof Piquet Karl Leisner in der Lagerkapelle in einer geheimen Aktion zum Priester. Am 26. Dezember feierte der Neupriester in einer Kapelle des Domes von Dachau seine erste und einzige Messe, wobei er seine Absicht bekundete, sein Leben für die Jugend, das deutsche Volk, das christliche Europa und die Heiligung der Welt hinzugeben. Am 31. März 1945 ersuchte Kardinal-Erzbischof Faulhaber von München die Gestapo um Leisners Freilassung, jedoch ohne Erfolg. Erst bei Ankunft der Alliierten konnte Karl am 4. Mai 1945 das Lager verlassen und wurde in das Sanatorium von Planegg bei München gebracht.

Seine Krankheit hatte bereits das Endstadium erreicht, seine Kräfte schwanden immer mehr dahin. Er war sich bewusst, dass sich sein Leben dem Ende zuneigte. Nach der Beichte und der Kommunion am 30. Mai 1945 empfing er die Krankensalbung. Am 24. Juni bestätigte der Arzt den extrem ernsten Zustand. Man informierte Eltern und Verwandte. Am 29. Juni erfolgte das bewegende Wiedersehen mit den Eltern, am 12. August 1945 mit den drei Schwestern, die angesichts des unmittelbar bevorstehenden Ablebens Leisners gerufen wurden.

Im Angesicht des Todes vertraute sich Karl in Gelassenheit dem Willen Gottes an. Er starb am Morgen des 12. August 1945 in Planegg an Lungentuberkulose. Der Leichnam wurde nach Kleve überführt und nach dem feierlichen Sterbegottesdienst am 20. August auf dem Ortsfriedhof beerdigt. Am 30. August 1966 wurden die sterblichen Überreste exhumiert und am 3. September des Jahres in die Krypta der Märtyrer des Domes von Xanten übertragen.

Am 23. Juni 1996 wurde Karl Leisner von Papst Johannes Paul II. in Berlin seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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