GESCHICHTE: GRENZGEBIETE DER WISSENSCHAFT (GW)

Geschichte: GRENZGEBIETE DER WISSENSCHAFT (GW)

GESCHICHTE
GRENZGEBIETE DER WISSENSCHAFT (GW)

Die gedanklichen Wurzeln von GW reichen in die Anfänge des vorigen Jahrhunderts zurück und hängen mit der Lebensgeschichte des Gründers der Zeitschrift, dem Verleger Josef Kral und Abt Alois Wiesinger zusammen.

1. Josef Kral

JosefKralJosef Kral (Abb. 1) wurde am 15. August 1887 in München geboren. Nach Vollendung seiner Studien trat er 1906 in Augsburg seine journalistische Laufbahn an.
Von 1906 bis 1930 stand Kral in einer unermüdlichen Auseinandersetzung mit dem Freidenkertum und dem Kommunismus. 1910 verheiratete er sich mit Anna Jäger. Der überaus harmonischen Ehe entsprossen drei Kinder: Lore, Traudl und Rudolf. 1910/11 war Kral Direktor der 1. Internationalen Katholischen Telegraphen-Agentur, an deren Gründung er wesentlich beteiligt war. Ferner war er langjähriger Herausgeber der Katholischen Weltkorrespondenz.
1917 trat er in Versammlungen und Reden für die Friedensresolution des Deutschen Reichstages ein und gab die Schrift des Priesters Magnus Jocham, Der Friedenspapst und das deutsche Volk, heraus. 1917/18 gründete Kral mit Jocham und Reichsminister Erzberger den „Friedensbund Deutscher Katholiken“ und war dessen 1. Vorsitzender. Mit dem 1944 in Berlin ermordeten Priester Max Metzger arbeitete er am Weltfriedenswerk vom Weißen Kreuz. 1919 beschäftigte er sich mit einem christlichen Sozialismus und war Mitglied der Studienrunde katholischer Soziologen. 1920 gründete er dann mit Vitus Heller aus Würzburg, dem Leiter der christlichen Gewerkschaftsbewegung, die „Christlich Soziale Partei Bayerns“ (Bayerisches Zentrum). Von 1920 – 1924 war Kral Landesvorsitzender der Partei und Reichstagsspitzenkandidat der Deutschen Zentrumspartei in Bayern. 1930 übernahm er die Verlegung des Abensberger Tagblattes. Wegen seiner christlichen Gesinnung wurden ihm aber von 1934 bis 1945 Schriftleiter- und Verlegereigenschaft aberkannt. Dreimal steckte man ihn ins Gefängnis, und bis 1945 stand er unter der Aufsicht der Gestapo. Zudem fiel 1945 sein Sohn Rudolf, und auch der Mann seiner Tochter Lore, der Redakteur Herbert Friedrich, fand im Krieg den Tod. Dieser Verlust war für Kral ein besonders schwerer Schlag, der ihn zu einem völlig neuen Einsatz in der geistigen Auseinandersetzung der damaligen Zeit führte.
So verließ Kral nach all den Verlusten und Schikanen des Zweiten Weltkrieges die politische Arena und mobilisierte einen geistigen Feldzug, indem er sich der Erforschung und Feststellung der so genannten „außersinnlichen“ Phänomene, den unbekannten Kräften der menschlichen Seele und der Wirklichkeit einer geistigen Welt zuwandte, gedrängt von dem inneren Aufruf, „dass das neue Welt- und Menschenbild nicht vom Materialismus und einer Wissenschaft bestimmt werden darf, deren letztes die Atombombe ist“. Um dies auch in breiterer Form vorantreiben zu können, lud er alle damaligen Frauen und Männer, die im Bereich der Grenzgebiete mit einer spirituellen Ausrichtung hervortraten, zur Mitarbeit ein, wobei ihm der Abt des Zisterzienserstiftes Schlierbach, Österreich, Dr. Alois Wiesinger, zu einer besonderen Stütze wurde.

2. Zisterzienserabt Dr. Alois Wiesinger

AloisWiesingerDr. Alois Wiesinger (Abb. 2) wurde am 3. Juni 1885 in Magdalenaberg in Oberösterreich geboren. 1905 trat er in das Zisterzienserstift Schlierbach ein und wurde 1909 zum Priester geweiht. Daraufhin setzte er sein Theologiestudium fort und promovierte 1912 mit der Dissertation „War die in der Hl. Schrift berichtete Besessenheit bloße Geisteskrankheit?“ zum Dr. theol. Nach kurzer Tätigkeit in der Seelsorge und als Professor für Theologie an der Theologischen Hauslehranstalt in Heiligenkreuz wurde er 1917 zum Abt des Zisterzienserstiftes Schlierbach gewählt, das er durch vielseitige Tätigkeit und Reisen zu besonderer Blüte brachte.
Auf wissenschaftlichem Gebiet befasste sich Abt Wiesinger mit sozialen Problemen und mit der damaligen Auseinandersetzung über die Seelenkräfte. Sein Buch Okkulte Phänomene im Lichte der Theologie (1948) zeugt von einem mutigen Eintreten für die Fragen der Parapsychologie und für ein geistiges Prinzip im Menschen, das damals wie heute zur Diskussion steht und für die Theologie von eminenter Bedeutung ist. Hier erhoffte sich Wiesinger von der Parapsychologie eine gewisse Stärkung, wie die folgenden Ausführungen zeigen:
„Die okkulten Phänomene mehren sich und wer einmal aufmerksam hinzuhorchen und Tatsachen zu sammeln angefangen hat, kann in kurzer Zeit eine ganze Reihe mehr oder weniger gut bezeugter Fälle zusammenbringen, die Gelehrte und Ungelehrte in Erstaunen versetzen und eine Erklärung heischen.
Zur Erklärung werden also die animistische und die spiritualistische Theorie herbeigezogen, wobei die erstere die menschliche Seele als Ursache nennt, die zweite ,intelligente Kräfte‘ der diesseitigen Welt, worunter wohl die Seelen Verstorbener gemeint sind. Dass man trotz aller Hinneigung zur animistischen Hypothese und trotz des modernen Schämens vor der spiritistischen letzterer den Vorzug geben will, kommt unseres Erachtens daher, dass man unter den natürlichen Kräften der Seele immer bloß die für gewöhnlich in Erscheinung tretenden im Auge hat und zu wenig auf die außergewöhnlichen Kräfte achtet, die in einem Zustande des Freiwerdens vom Leiblichen, also in einem Zustande der ,reinen Geistlichkeit‘ zur Wirkung kommen.
Wer einmal den Gedanken erfasst hat, dass die Seele ein Geist ist und dass im Zustand der Leibgebundenheit doch Augenblicke eintreten können, in denen diese Gebundenheit gelockert wird, sodass die Seele in die Rechte eines reinen Geistes eintritt, der wird nicht zur Erscheinung von Toten seine Zuflucht nehmen müssen, um Phänomene der Hyperästhesie, Telepathie, des Hellsehens, der Telekinese, verteilter Botschaften und Bücherproben, oder des Spukes etc. erklären zu können; wenn auch die theoretische Möglichkeit von Totenerscheinungen, des Wirkens der Engel oder der Wunderkraft Gottes, nicht geleugnet wird. Diese erkennt man regelmäßig leicht an den Umständen. Alles, was eine Intelligenz, ein Geist kann, das kann die menschliche Seele auch. Ich habe mich bemüht, diese Gedanken im Büchlein „Okkulte Phänomene im Lichte der Theologie“ (Styria, Graz) darzulegen und meine, das Problem eben doch von einer neuen Seite angepackt zu haben, die die katholische Ansicht vom Geiste zur Erklärung verwertet. Man kann eben Psychologie von zwei verschiedenen Standpunkten aus lehren, wie dies auch der hI. Thomas getan hat. Die eine geht von der körperlichen Seite des Menschen aus und schließt aus den Objekten der Sinneswerkzeuge auf die Fähigkeiten und Kräfte der Seele, die andere geht vom Geiste aus, sucht die Kräfte der reinen Geister zu erkennen, die sie auch beim Menschen, wenn auch vielfach verdeckt und behindert, finden muss. Letzteren Weg habe ich im oben erwähnten Schriftchen einzuschlagen versucht und daraus entstand die vorgetragene These, die somit nicht bloß über die bisherigen Erkenntnisse hinausgeht, sondern auch für das Einzelne Bedingungen hervorbringt, die allerdings außerhalb der Sinneserfahrung liegen.
Sonderbarerweise ist die Kritik nicht auf den Kern der Sache eingegangen, sondern hat entweder eine theologische Teilfrage erörtert, oder sonst eine Nebensache bezweifelt, die jedoch die These selbst unangefochten ließ. Und wenn eine Behauptung aufgestellt wurde, die das Innerste der These berührte, z. B. wenn man meinte, dass auch Tiere ,senden‘, so beruhte dies auf falscher Auslegung der Beobachtung (S. Bärwald, Die intellektuellen Phänomene, S. 153) und bestätigte schliesslich die im Buche vorgelegte Ansicht. Der stärkste experimentelle Beweis dafür sind die vom Amerikaner J. B. Rhine/Tischner (Die Reichweite des menschlichen Geistes, Stuttgart 1950) gemachten Versuche, die auf dem rein Seelischen fußen und umso besser gelingen, je mehr die Sinne ausgeschaltet sind, ganz wie ich es theoretisch ahnte.
Viele haben sich über diese Erklärung deshalb geärgert, weil sie so einfach und klar ist, und daher auf alle anderen Intelligenzen und Kobolde, auf Od und Astralleiber, auf vierte Dimension und Kontrollgeister verzichten konnte, die in der letzten Zeit immer mehr die Welt beunruhigen und die Beschäftigung mit diesem dunklen Gebiete kompromittierten. Gewiss hat die Parapsychologie in den letzten Dezennien große Fortschritte gemacht, aber sie ist noch nicht eingebaut in die psychologische Wissenschaft, von der sie doch einen Teil bildet und man harrt noch immer auf eine einheitliche Zusammenfassung, die, wie uns scheinen möchte, nur in der Richtung der hier angedeuteten Meinung liegen kann. Die Psychologie zerfällt in drei Teile, in die Lehre von den Sinnestätigkeiten, die die von außen kommenden Reize der Seele zuführen und Sinneswahrnehmungen auslösen; dann in die Lehre von den intellektuellen Fähigkeiten des Verstandes und Willens, die ihre eigentlichen Begriffe nur bilden können, insofern sie auf Sinneserkenntnissen aufbauen können (non est in intellectu, quod non fuerit in sensu); und drittens die Lehre von den rein geistigen Fähigkeiten, die umso besser gedeihen, je mehr sie von den Sinnen und deren Fähigkeiten zurücktreten. Dass letztere so wenig in Reinkultur auftreten können, liegt in einer Tragödie des Menschengeschlechtes begründet, aus der uns bloß die erlösende Hand der Gnade befreien kann. Es lässt sich eben das ganze Gebiet ohne Rücksicht auf die Tatsachen des Christentums nicht erklären und verstehen, und darin liegt auch der apologetische Wert der Beschäftigung und Forschung auf der Ebene des Okkulten.“

3. Glaube und Erkenntnis

Erkenntnis&Glaube
Aus diesem Bemühen um das Geistige im Menschen kam es dann 1951 zur Gründung der Zeitschrift Erkenntnis und Glaube: Christliche Monatsschrift für Parapsychologie, Seelenkunde und Schicksalsforschung durch den Verleger Josef Kral und Abt Dr. Alois Wiesinger. Die erste Nummer erschien am 15. Juli 1951 im Aventinus Verlag Josef Kral & Co., Abensberg, Deutschland, mit der Formulierung der Zielsetzung, einem Aufruf an die Leser und einem Inhaltsverzeichnis auf der ersten Seite (Abb. 3) mit folgendem Wortlaut:
a) „Programm und Geleitwort“
„Nur um dies eine, bitte ich dich, mein Leser, schüttle nicht in menschlichem Hochmut zweifelnd dein Haupt, sondern denk an die Größe und Weite von Erde und Himmel und an dies kleine dunkle Leben, worin wir gleicherweise elend und angstvoll uns quälen und du wirst leicht einsehen, dass es nichts Unglaubliches ist, was wir erzählen.“ Nach Cardanus
Die Zeitschrift „Erkenntnis und Glaube“ will eine christliche, eine katholische Zeitschrift sein. Sie will auf dem festen Fundament christlicher Philosophie und Weltanschauung verständlich, unvoreingenommen und kritisch beitragen zur Erhellung der dunklen Vorgänge des Seelenlebens und der rätselhaften Erscheinungen auf den Gebieten der Parapsychologie, wie der Zufalls- und Schicksalsforschung.
Wir Katholiken haben auf diesen Gebieten allen philosophischen und psychologischen Systemen ein Großes voraus: Die natürliche und die übernatürliche Offenbarung, damit die festgegründete Ueberzeugung von der Wirklichkeit einer jenseitigen Welt, vom Fortleben nach dem körperlichen Tod und der Auferstehung des Leibes zurn ewigen Leben. –
Alle diese Dinge: Astrologie, Telepathie, Hellsehen, Prophetie, Spuk, Traumleben, Tiefenpsychologie, Marienerscheinungen, Animismus, Spiritismus, Zufall und Schicksal sind nur von Gott her verständlich. Wir wollen keine theologische, noch eine philosophische Zeitschrift sein und uns nicht in tausend Einzelfragen verlieren, sondern im Einklang mit der Offenbarung und den Grundwahrheiten christlicher Philosophie die Probleme der Parapsychologie und ihrer Grenzgebiete behandeln und untersuchen.
Dieses Bekenntnis schließt in sich, dass sich Herausgeber und Schriftleitung der Zeitschrift in allen behandelten Fragen den Entscheidungen des kirchlichen Lehramts unterstellen, denn gerade auf dem Gebiet der Parapsychologie muss erfahrungsgemäß mit Täuschung und Irrtum in starkem Maße gerechnet werden.
Die Parapsychologie ist eine ernste Wissenschaft, für jeden Menschen, für den Christen und das Christenturn überhaupt von großem apologetischen Wert. Die Menschen durch philosophische Erkenntnis, durch die Tatsachen der Erfahrung und durch das Experiment in ihrem Glauben zu stärken, ihnen den verlorenen Glauben wieder zu geben an die Wirklichkeit einer jenseitigen Welt, an eine ausgleichende Gerechtigkeit, ein Fortleben nach dem Tode, an die Größe, Barmherzigkeit und Vorsehung Gottes, das ist das hohe Ziel parapsychologischer Forschung in christlichem Geiste.
Hochschulprofessor Dr. Gg. Wunderle hebt in „Arzt und Mystik“ mit Recht hervor, dass der parapsychologischen Forschung katholischerseits zu wenig Bedeutung beigemessen wird.
In seiner Schrift „Okkultismus und Seelsorge“ schreibt Jesuitenpater Gg. Bichlmair ebenfalls: ,Es besteht wohl kein Zwelfel mehr darüber, dass der exakt wissenschaftliche Okkultismus für die Zukunft von höchster Bedeutung ist. Darum sollte sich jeder Seelsorger (und jeder Gebildete! Die Schriftleitung.) einen offenen Sinn für dieses Gebiet bewahren. Die Ansicht, es sei ,alles glatter Schwindel und Betrug‘, muss als rückständig und überholt bezeichnet werden. Ungelöst ist nur die Frage, wie die echten okkultistischen Phänomene zu deuten und zu erklären seien.‘
Auch Prof. D r. H. M a l f a t t i ist voll zuzustimmen, wenn er sein Werk „Menschenseele und Okkultismus“ mit den Worten schließt: ,Wie beim Wunder ist aber auch dieses Ausweichen vor den okkulten Erscheinungen nicht gerade ein Zeichen guten Willens, und es ist vor allem auch eine Undankbarkeit gegenüber einem Gnadengeschenk Gottes. Denn als solches haben wir alle okkulten Erscheinungen, trotz des Mißbrauches, den manche Menschen damit treiben, zu betrachten.`
Mit den Problemen der Parapsychologie und ihren verschiedenen Erscheinungen haben sich von jeher die Menschen beschäftigt, ein Albertus Magnus, Paracelsus, Kepler, Kant, Schelling, A. v. Humboldt, Franz v. Baader, Clemens Brentano, G. Görres, Pfarrer Gaßner, Jung-Stilling. Aber auch aus den letzten Jahrzehnten und der Gegenwart sind Sterne der Wissenschaft, der Philosophie und der Literatur darunter: Sir W. Crookes, A. R. Wallace, William James, G. Schiaparelli, Camillo Flammarion, Cesare Lombroso, Charles Richet, J. B. Rhine­Durham, Carl C. Jung. Von deutschen Namen seien genannt: Justinus Kerner, J. K. F. Zöllner, Wilhelm Ostwald, Frhr. du Prel, Ed. v. Hartmann, Hans Driesch, v. Schrenck­Notzing, Edgar Daqué, W. v. Scholz, R. Müller-Freienfels, Gust. Th. Fechner, Graf Keyserling, F. Moser, Pascal Jordan, Rudolf Tischner, August Messer, Emil Mattiesen, H. Bender. Katholischerseits: Fr. W. Weber, Godfroy Raupert, Geheimrat Ludwig, Prof. Staudenmaier, Prof. M. Verweyen. Prof. Gatterer SJ, Prof. Mager OSB, Abt Wiesinger O.Cist., Frhr. v. Aretin, Prof. Dr. theol. Frei, Louis de Wohl, Wilh. Moock, Prof. Gg. Sigmund, Bruno Grabinski, Dr. Gerda Walther, Dr. Franz Wetzel und andere.
In der Ueberlassung der Parapsychologie an das ungeheure Heer der Spiritisten und Geisterbeschwörer, an den kritiklosen Glauben an astrologische, chiromantische, hellseherische Prophezeiungen in Tageszeitungen, Zeitschriften, Kalender, in Sitzungen und Vorträgen, liegt nicht nur eine große religiöse und seelische, sondern auch soziale Gefahr.
Wir wollen mit unserer Zeitschrift nicht zur Beschäftigung mit außersinnlichen Experimenten anregen, zu Tischchenrücken, Geisterbeschwörung, kritiklosem Sternglauben, – im Gegenteil, das Experiment muss der ernsten Forschung überlassen bleiben und ist dem Laien verboten, – sondern warnen, aufklären und überzeugen.
Ueberlassen wir das Feld nicht den Gegnern der göttlichen Persönlichkeit Christi, den Halbwissern, Charlatanen und Geschäftemachern. Es geht um das wichtigste, die Wahrheit und die ewige Seele des Menschen!
An unsere Leser
Eine Anzahl bekannter Persönlichkeiten aus Theologie, Philosophie, Psychologie und Naturwissenschaft begrüßte das Erscheinen unserer Zeitschrift und versprachen ihre Mitarbeit. Herausgeber und Verlag sind sich der Schwierigkeiten des Problems wohl bewußt, auch darüber, dass das Unternehmen bei der Eigenart der Zeitschrift, die lediglich der Wahrheitsforschung dient, materielle Opfer erfordern kann. Sie wenden sich an die interessierten Kreise mit der Bitte, das Blatt durch Mitarbeit, Abonnement und Empfehlung unterstützen zu wollen.
Herausgeber und Verlag.
Inhalt des Heftes u. a.:
Möglichkeiten und Grenzen der Erkenntnis
„Heroldsbacher Gespräche“ von Dr. P. Otho Merl OCD
Aphorismen gegen die Griechen von A.K. Z.
Pfarrhausspuk von Bruno Grabinski
Umstrittene Astrologie von Ernst Günter Paris
J. v. Görres: Mystik, Magie u. Dämonie v. Joseph Bernhart
Haben Tiere Vorahnungen? Von Professor Dr. Koegel
Bekenntnisse und Erkenntnisse: Spuk im Abenstal – Eine Toten-Abmeldung – Zum Problem Zufall – Eine Mutter schützt ihr Kind?
Neue Bücher und Schriften. – Kleines Wortverzeichnis.“
b) Inhalt und Erscheinungsweise
Bei der heutigen Lektüre der angeführten Zielsetzung könnte einen die starke Anlehnung an die Lehre der katholischen Kirche bei der sonst betonten Offenheit leicht verwundern. Der Grund für diese Betonung lag jedoch nicht so sehr in einer bewussten Abgrenzung als vielmehr in der Tatsache, dass von evangelischer Seite dem Paranormalen gegenüber eine noch stärkere Reserviertheit bestand als von katholischer Seite, wenngleich auch hier das Sichbefassen mit den genannten Gebieten zum Außenseiter führte.
GerdaWaltherBereits in Nummer 2 vom 15. August 1951 erfolgte eine erste Änderung des Haupttitels in Glaube und Erkenntnis, um den Stellenwert des Glaubens hervorzuheben. Auch das monatliche Erscheinen erfolgte nur im ersten Jahr, während im zweiten Jahr nur mehr 7 Nummern erschienen. Im dritten Jahrgang wurde dann der Untertitel in Zeitschrift für Parapsychologie, Seelenkunde und Schicksalsforschung umbenannt und das Erscheinen zweimonatlich ausgerichtet. Im vierten Jahrgang erchienen allerdings nur mehr vier Ausgaben.
Das Jahr 1955 führte schließlich zu einem besonderen Einschnitt. Am 3. Januar 1955 starb ganz unerwartet Abt Dr. Alois Wiesinger und Josef Kral musste nun neben der Herausgabe auch die Schriftleitung übernehmen. Er änderte den Haupttitel in Verborgene Welt, womit der empirische Aspekt mehr betont werden sollte. Der Umfang der Zeitschrift im Din A4-Format betrug jeweils 16 Seiten mit zwei Spalten.
Im 8. Jahrgang (1959) stieg die bekannte Husserlschülerin und Philosophin Dr. Gerda Walther (Abb. 4) in die Redakton ein. Zudem wurde die von F. V. Schöffel in Wien herausgegebene Zeitschrift Das neue Licht mit Verborgene Welt vereinigt, wobei der Untertitel in: Glaube und Erkenntnis: Zeitschrift für christliche Parapsycholgie – Vereinigt mit ,Das Neue Licht‘ Wien umbenannt wurde. Diese Verbindung dauerte jedoch nur nur ein Jahr. Bereits 1960 wurde der Untertitel auf Glaube und Erkenntnis: Zeitschrift für christliche Parapsychologie verkürzt. Die inhaltliche Ausrichtung der Zeitschrift blieb zwar gleich, doch nahmen paranormologische Themen einen immer größeren Raum ein.
c) Wechsel in der Redaktion
Am 13. Jänner 1965 starb Josef Kral in Schondorf bei München. Nach der Beerdigung am 16. Jänner fand sich in der Wohnung der Familie Kral eine kleine Gruppe von Personen ein, die vor allem auch über die Fortführung der Zeitschrift diskutierte. Dabei fiel die Entscheidung ohne große Diskussion gleich auf P. Andreas Resch.
VerborgeneWelt
Dies hatte seinen Grund darin, dass Resch bei der Erstellung seiner Doktorarbeit über den Traum im Heilsplan Gottes: Deutung und Bedeutung des Traumes im Alten Testament mit Josef Kral in Verbindung trat, der ihn neben dem Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene in Freiburg mit Literatur versorgte und die Veröffentlichung der Arbeit 1964 dann schließlich mit DM 1000.- förderte, wohl schon im Blick auf seine Nachfolge, worüber aber nur am Rande gesprochen wurde. Zum Glück oder Unglück hatte Resch bis dahin weder eine Ahnung von einer Redaktion noch von den Anforderungen einer Zeitschrift, sonst hätte er sich das spontane Ja vielleicht etwas überlegt. So stürzte er sich vielmehr mit Begeisterung in die Arbeit. Die Zeitschrift wurde auf das Format Din A5 und 32 Seiten zugeschnitten und mit dem Untertitel Zeitschrift für Grenzgebiete des christlichen Weltbildes (Abb. 5) versehen. Damit sollte der wissenschaftliche Aspekt betont werden.
GrenzgebieteWissenschaft.gifBeim I. IMAGO MUNDI-Kongress auf Schloss Fürstenried in München (26.-29. September 1966) wurde nach vielseitiger Besprechung der Beschluss gefasst, die Zeitschrift Verborgene Welt ab 1967 unter dem Titel Grenzgebiete der Wissenschaft herauszugeben. Mit dieser Neubenennung wurden auch das heutige Format der Zeitschrift und die gegebene wissenschaftliche Ausrichtung festgelegt: So befasst sich die Zeitschrift Grenzgebiete der Wissenschaft mit dem gesamten Bemühen von Wissenschaft und Forschung in den Grenzbereichen von Physis, Bios, Psyche und Pneuma (Geist), von Gesetzmäßigkeit und Spontanität, von Beweis und Lebenserfahrung sowie von Immanenz und Transzendenz.

4. Gabriel Marcel : Grenzfälle und Grenzgebiete

Die Einleitung zur ersten Nummer der Zeitschrift (1967/1) mit der Bezeichnung GRENZGEBIETE DER WISSENSCHAFT (Abb. 6) schrieb der bekannte Philosoph und Ehrenpräsident von IMAGO MUNDI, Gabriel Marcel (Abb. 7). Hier die Originalfassung:
„Ich glaube, es ist eine charakteristische Eigenschaft meines Geistes, die mich stets dahin gedrängt hat, mich besonders für Grenzfälle und Grenzgebiete zu interessieren. Und es ist sicher kein Zufall, wenn es mir in einem bestimmten Lebensabschnitt ermöglicht war, unmittelbar Situationen zu erleben, die mich veranlassen mussten, diese noch schlecht ergründeten Bereiche auszukundschaften. Ich denke da besonders an den kurzen Gabriel MaarcelZeitabschnitt während des 1. Weltkrieges (1914 – 1918), wo mir als Medium und mittels von „ja“ Tatsachen festzustellen gegeben war, die sich nicht auf die geläufigen Erkenntniskategorien reduzieren lassen. Ich nenne hier zum Beispiel die außerordentliche Vorhersage, die mir 1917 vor der Schlacht am Isonzo zuteil wurde, die nicht nur die bevorstehende Katastrophe ankündigte, sondern auch die Grenzen innerhalb deren sie beschränkt bleiben sollte. Es wurde mir in der Tat angekündigt, dass Udine von den Österreichern erobert würde, dass diese jedoch vor Treviso aufgehalten würden. Eine derartige Vorschau geht evidenterweise über alle Grenzen rational voraussehbarer Berechnung.
Es darf aber auch der übrige Zusammenhang nicht übersehen werden, in dem diese außerordentliche Prophetie hereinbrach. Verschiedene erstaunliche Tatsachen hatten in mir die Hoffnung geweckt, all den Unglücklichen, die sich zahllos im Büro des Roten Kreuzes einfanden, das mir anvertraut war, um Nachrichten über ihre vermissten Ehegatten, Brüder oder Söhne zu ermitteln, einen unwiderlegbaren Beweis für deren Überleben geben und sie so beruhigen zu können. Aber da war es, als ob mich eine intelligente Macht für meine Anmaßung hätte bestrafen wollen. Es folgte eine Zeit, wo ich das Gefühl hatte, dass sich dieses Phänomen auflöste und ich nur Spielzeug von Dunkelmännern wäre, die mich verwirren wollten.
Der maßlosen Hoffnung folgte so bodenlose Verzweiflung. Dann trat die oben genannte Prophezeiung ein, gleichsam als ob dieselbe Macht mir beweisen wollte, ich solle nicht einen gänzlichen Unglauben verfallen, sondern vielmehr die wesenhafte Wahrheit einer geistigen über-zeitlichen Welt anerkennen, aber gleichzeitig das Gefühl meines Unvermögens, meiner radikalen Abhängigkeit bewahren.
Es scheint mir, dass eine solche so auf das Wesentliche reduzierte Erfahrung hinreicht, um uns zu zwingen, die Existenz eines Grenzgebietes zwischen der Sinnenwelt und eine diese Sinnenwelt transzendierende Wirklichkeit anzuerkennen. Der Begriff ,Grenze‘ ist allerdings nicht ganz befriedigend, da er meistens nicht nur für anliegende, sondern auch für kommensurable Bezirke verwendet wird. Metaphorisch gesprochen, d. h. wenn wir uns an eine Vorstellungsweise halten wollen, die räumlich bleibt, müssen wir hier auf das Bild der Vertikalen rekurrieren, als ob die gewöhnliche Erfahrung plötzlich durch einen Lichtstrahl von oben durchbrochen würde, dessen Ursprung anderswo sein muss. Ich möchte hier bemerken, dass es mir in einer solchen Perspektive angebracht erscheint, jedes Denken für falsch zu erklären, das, ausgehend von Immanenzdoktrinen, aber auch von Lehren Nietzsches, sich gegen jedwede Bejahung eines Jenseits wendet. Wer so singulären Tatsachen, wie ich sie erlebt habe, Rechnung tragen will, der muss im Gegenteil suchen, wie es möglich sei, über jedes trügerische Bedenken hinweg, die Anerkennung eines Jenseits beizubehalten, das heißt einer Über-Realität, ohne die überdies die Welt der täglichen Erfahrung ihrer Substanz verlustig zu werden und sich schließlich ins Absurde aufzulösen droht.
Gabriel Marcel, de l’Institut, Paris,
Ehrenpräsident von IMAGO MUNDI“.