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Byblos (griech.; im AT Gebal; assyrisch Gubla), phönizische Hafenstadt nördlich von Beirut am Mittelmeer. Die Stadt stand durch ihre Handelsbeziehungen mit Ägypten auch in einem regen religiösen Austausch. So gab es in B. einen ägyptischen Tempel, wo u.  a. > Amon verehrt wurde, während man die Baalsgöttin der Stadt mit der ägyptischen > Hathor identifizierte. Besonders eng waren jedoch die Beziehungen zum > Osiris-Kult, war B. doch der Hauptsitz des ihm verwandten > Adoniskultes. In B. wurden auch > Astarte, die bei den Juden des Alten Testaments den „Himmelsheeren“ den Namen gab, die > Atargatis der phrygischen Kulte und mehr oder weniger auch die > Istar Babylons verehrt (Peuckert, 449 f.).

Lit.: Peuckert, Will-Erich: Geheimkulte: das Standardwerk. Lizenzausg. Hamburg: Nikol Verlagsges.
m.b.H. u. Co.KG, 2005.

Bylgia, See-Sturm. Nach der nordischen Mythologie eines der neun Wellenmädchen, der Töchter des Meeresgottes > Aegir und der > Ran.

Lit.: Vollmers Mythologie aller Völker. Stuttgart, 1874.

Byssus oder Byssos (griech., „feines Linnenzeug“), pflanzliche und tierische Fasern. Diese wurden vor allem zu durchsichtigen Gewändern verarbeitet (Philostratus, vit. Apoll. II, 20, 71. Olear.) und insbesondere von den ägyptischen Priestern geschätzt (Plin. nat. XIX, 4).

Die heute noch als B. bezeichneten Haftfasern im Meeresboden festsitzender Muscheln dienten als 3 – 8 cm lange Fasern zur Anfertigung von Stricken, Strümpfen oder Handschuhen.

Dabei bilden im Fuß der Muscheln einzelne Sekrete mehrerer Drüsen vor allem phenolische Proteide, die gemeinsam zu Haftfäden vereinigt werden und erhärten. Diese Sekretion kann bei einzelnen Muscheln zeitlebens andauern, während andere sie nur als Jungmuscheln produzieren. Bekannte Beispiele für Muscheln mit Byssusfäden sind die Miesmuscheln, die sich mit ihren Fäden an der Brandungszone festsetzen und bei schlechten Umweltbedingungen wieder lösen können, sowie die Feigenmuscheln, die ganze Netze von Fäden spinnen und damit Fremdkörper fixieren.

Seit dem Altertum werden die Fasern der im Mittelmeer lebenden Edlen Steckmuschel (Pinna nobilis L.), der weitaus größten Muschel des Mittelmeeres (bis zu 1 m Länge), gewonnen und die aus diesen hergestellten Gewebe als B. bezeichnet. Die Fasern sind goldglänzend, sehr dünn, extrem fest und haltbar, insofern mit modernen Nylonfäden vergleichbar, jedoch vielfach feiner als Seide. Heute ist die Steckmuschel geschützt, die aufwendige Gewinnung sehr begehrt und wertvoll, das Handwerk jedoch nahezu ausgestorben.

Als das zur Zeit bekannteste Erzeugnis aus B. gilt der > Schleier von Manoppello bei Pescara in Italien, der bei entsprechendem Lichteinfall ein männliches Antlitz zeigt, das mit dem Antlitz auf dem > Grabtuch von Turin völlig übereinstimmt und daher als Antlitz Christi bezeichnet wird (Resch).

Lit.: Bisso marino: fili d’oro dal fondo del mare = Muschelseide: goldene Fäden vom Meeresgrund / Katalog zur Ausstellung im Naturhistorischen Museum Basel. A cura di Felicitas Maeder … Pref. M. Daniela Lunghi. Con contributi di Gerolama Carta Mantiglia … [Trad. Barbara C. Baudner …]. Milano: 5 Continents, 2004; Resch, Andreas: Das Antlitz Christi. Innsbruck: Resch, 22006.

Bythos (griech., „Urgrund“, „Abgrund“, „Tiefe“), in einigen gnostischen Strömungen, besonders in der > Valentinianischen Gnosis, Name der höchsten Gottheit. B. erzeugt mit Sige den > Nous, der Nous und Aletheia erzeugen den > Logos, der Logos und die > Zoë bringen sechs Paare von Geistwesen hervor und so fort, bis die Welt durch ständige Geistwesen vollendet ist (Leisegang, 29, 290 –292).

Lit.: Leisegang, Hans: Die Gnosis. Stuttgart: Kröner, 51985.

Byzanz, Byzantion, alter Name für Konstantinopel auf der Westseite des thrakischen Bosporus. B. geht auf die 667 v. Chr. von den Megarern an Stelle der thrakischen „Burg des Byzas“ gegründete Kolonie zurück, deren spätere Ansiedler noch Korinther, Milesier und Böotier genannt wurden. Die Stadt blühte durch den vortrefflichen Hafen zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer, Europa und Kleinasien auf und war daher häufig umkämpft. 512 v. Chr. kam sie bei einem Skythenzug unter persische Herrschaft, 478 wurde sie von Pausanias dem Athenischen Bund angeschlossen. 411 fiel sie an den Peloponnesischen Bund, kam aber 409 wieder zu Athen zurück und wurde dann 390 gezwungen, dem Attischen Bund beizutreten, aus dem sie 356 wieder austrat. 196 n. Chr. wurde B. von den Römern zerstört, dann wieder aufgebaut und 270 durch die germanischen Goten erobert.

Nach dem Sieg Konstantins d. Großen über Licinius wurde B. dann am 11. Mai 330 als Konstantinopolis zur Hauptstadt des Römischen Reiches erhoben. Mit der Reichsteilung unter Theodosius d. Großen wurde es 395 Hauptstadt des „Byzantinischen Reiches“, das mit der Eroberung durch die Türken 1453 endete.

Reich und Kirche fußten auf der griechischen Kultur und es gab keine Trennung von geistlicher und weltlicher Gewalt. Der Patriarch von B. blieb stets vom Kaiser abhängig, der sich trotz Unterscheidung der Bereiche auch zur Leitung der Kirche berufen fühlte. B. war zunächst auch für die slawischen Völker der Mittelpunkt der kirchlichen und politischen Welt. Der Bruch mit Rom 1054 wurde durch die Errichtung eines „lateinischen Kaisertums“ nach dem vierten Kreuzzug (1204  – 1261) noch verschärft. Alle seither unternommenen Unionsversuche führten bislang zu keinem dauerhaften Erfolg.

Diese geschichtliche Entwicklung findet auch in der byzantinisch-griechischen > Mystik ihren Niederschlag. Sie ist im Gegensatz zur übrigen christlichen Mystik durch die apophatische (negative) Theologie der Ostkirche (> Via negationis) und deren nicht-juridische Terminologie geprägt. Gott ist unerkennbar und kann daher nicht in Worte gefasst werden. Mystik ist zudem Vollendung der Theologie, weshalb eine Trennung von Mystik und Theologie nicht möglich ist. Das Gleiche gilt für Askese und Mystik. Dies hängt damit zusammen, dass in B. die Mystik aus dem > Mönchstum bzw. aus der asketischen Literatur (> Herzensgebet, > Hesychasmus) erwuchs und von lobpreisenden (doxologischen) Teilen der Liturgie getragen wurde und wird. Außerdem sind Einflüsse der griechischen Philosophie (> Gnosis, > Platonismus, > Neuplatonismus) festzustellen.

Daraus ergeben sich zwei verschiedene Arten der byzantinisch-griechischen Mystik: die Kult-Mystik und die spirituelle Mystik in Form der > Christusmystik und der > Geist-Mystik.

B. war für einige Jahrhunderte auch die Heimstätte der > Acheropita, und des > Mandylion.

574 wurde die Acheropita, der nicht von Menschenhand gemachte Schleier mit dem Antlitz Christi, unter Kaiser Justin II. (565 – 578) von Kamulia in Kappadozien nach Konstantinopel übertragen. Dort ersetzte sie das Labarium, die Standarte Konstantins, und blieb bis etwa 700 das Reichspalladium oder Schutzpanier der Reiches. Um 700 wurde sie zu Papst Johannes VII. nach Rom geschickt und befindet sich heute im Kapuzinerkloster von Manoppello bei Pescara, Italien (Resch, 35 –37).

944 kam das Mandylion von Edessa nach B., wo es bei der Eroberung durch den 4. Kreuzzug verschwand und sich heute im Dom von Turin befindet (Resch, 3 –25).

Lit.: Heiler, Friedrich: Die Ostkirchen. Neubearb. von „Urkirche und Ostkirche“ [In Zusammenarb. mit Hans Hartog aus d. Nachlass hrsg. von Anne Marie Heiler]. München; Basel: E. Reinhardt, 1971; Resch, Andreas: Das Antlitz Christi. Innsbruck: Resch, 22006; Schneider, Lambert: Griechisches Festland: Antike und Byzanz, Islam und Klassizismus zwischen Korinthischem Golf und nordgriechischem Bergland. 4., aktual. Aufl. Köln: DuMont, 2006; Norwich, John Julius: Byzanz: Aufstieg und Fall eines Weltreichs. Berlin: Ullstein, 2006.